Namen sind geistige Schöpfungen der Menschen, sind Ausdruck der Anschauungen vergangener Geschlechter, widerspiegeln deren Weltsichten und Erfahrungsräume ebenso wie deren sprachliche Welt. Darin steckt das Geheimnis ihrer Faszination - daher fühlen sich auch heute noch viele Menschen angezogen vom oft fremdartigen und doch heimatlichen Klang, von den Fragen rund um die verschüttete Bedeutung alltäglicher oder fast vergessener Namenwörter. Durch fachkundige Deutungsarbeit lassen sich die sprachliche Herkunft und die kulturgeschichtliche Bedeutung nicht mehr verständlicher Namen wieder aufdecken. Dadurch erhält das geschichtliche Bild unserer Heimat immer wieder neue, bunte Farbtöne und manch klarere Konturen.
Bis vor wenigen Jahrzehnten verstand es sich im praktischen Leben einer bäuerlich und kleingewerblich geprägten Gesellschaft von selbst, dass der ererbte örtliche Namenschatz an die junge Generation weitergegeben wurde. Heute ist dieses Kulturgut vielen unter uns nur noch oberflächlich bekannt.
Vergessen: Im Kulturwandel der Gegenwart mit ihrer Abwendung von den traditionellen Lebensformen, mit Verstädterung und Bevölkerungsmischung, geht uns, von vielen kaum bemerkt, der Bezug zur Tradition zunehmend verloren. Unsere herkömmlichen Ortsmundarten werden von aussen bedrängt, fallen zunehmender Nivellierung und Abwertung anheim. Im Gleichschritt damit schwindet die Vertrautheit mit und das Interesse an der überlieferten Namenwelt.
Verändern: Und das, was nicht vergessen geht, wird oft durch Unwissen abgewandelt. Bei vielen Namen wird die hergebrachte lokale Sprechform unsicher, nimmt die Anlehnung der Aussprache an das Schriftbild zu. Gerade darum ist es wichtig, dass die Namenschreibung sich grundsätzlich an der korrekten Aussprache orientiert - und nicht an schriftsprachlichen Normen (die auf diesem Feld nicht angebracht sind). Sicher kann umgekehrt die Mundartform nicht bis ins lautliche Detail wiedergegeben werden. Hier praktikable Lösungen zu finden und damit auch den Bedürfnissen der Öffentlichkeit und der Behörden entgegenzukommen, war ein weiteres Anliegen unseres Projekts.
Auswechseln: In den letzten Jahrzehnten werden immer mehr «moderne» Namentypen in Umlauf gebracht – ausgelöst durch den raschen Ausbau von Strassennetz und Siedlungszonen, durch die Schaffung von Grossfluren infolge von Güterzusammenlegungen, durch die Industrialisierung der Landschaft. Es beginnen künstliche, oft unter Zeitdruck neu ersonnene Bezeichnungen in der Namenlandschaft hervorzutreten. Dadurch bekommt diese schrittweise ein anderes Gesicht – während die alten, bäuerlichen Namen massenhaft dahinschwinden.
Gefährden: Mit den Namen aber ginge ein Stück Heimat verloren. Heute ist es soweit, dass das traditionelle räumliche Orientierungssystem, das in Jahrhunderten gewachsen war und in welchem sich alle Phasen unserer Geschichte spiegeln, zu den gefährdeten Kulturgütern gezählt werden muss.
Retten: Die Bewahrung unserer Namenwelt war das Hauptanliegen des Werdenberger Namenbuchprojektes. Auf der 205 km2 umfassenden Fläche der Region Werdenberg mit ihren sechs Gemeinden sind insgesamt 12 727 Namen erfasst, dokumentiert und sprachlich gedeutet worden. Auf sechs Namenkarten sind sämtliche heute lebenden Namen verzeichnet und lokalisiert. Die Karten sind auf dieser Website vollständig einsehbar.
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